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Fritz Grünbaum – ein realsatirisches Monument

Aktualisiert: 19. Nov. 2022


Ein wohl zu jeder Zeit beliebter Gemeinplatz besagt, dass jegliches Kabarett, und sei es auch noch so satirisch überhöht, durch die real existierende Politik immer wieder bei Weitem übertroffen wird. Und die wahre Geschichte der Benennung eines kleinen Platzes in Wien-Mariahilf nach dem großen Kabarettisten Fritz Grünbaum scheint mir diese These auch recht anschaulich zu bestätigen.



Es war im Frühling des Jahres 1979, als ich mit handgemalten Plakaten gegen die geplante Verbauung eines großen Grundstückes an der Linken Wienzeile protestierte. In einer dermaßen grünarmen Wohngegend wäre, so dachte ich (und später auch tausende andere MariahilferInnen), die Errichtung einer öffentlichen Parkanlage viel vordringlicher.


Die sich über Jahrzehnte erstreckende Geschichte der daraufhin entstandenen „Bürgerinitiative Denzelgründe“ kann hier nicht näher abhandelt werden – sie würde ein dickes Buch füllen. Es ist aber sicher kein Zufall, dass nicht nur ich, sondern auch das Gründungsmitglied Regina Hofer später kabarettistisch tätig wurden ...


Unsere Initiative erreichte jedenfalls nach langwierigen politischen Kämpfen, dass auf dem Gelände ein provisorischer Park eingerichtet wurde, den wir mitgestalteten und in unserer Freizeit aufopferungsvoll betreuten. Und wie es mit Provisorien in Wien halt so ist: Sie tendieren schon nach kurzer Zeit stark dazu, sich als unanfechtbare Dauereinrichtungen zu etablieren.


Als es nach einigen Jahren schließlich so aussah, als ob unserem Park-Provisorium der offizielle Status einer amtlich betreuten städtischen Anlage zuteil werden würde, bot sich im Mariahilfer Bezirksparlament ein interessantes Schauspiel: Die Vertreter von ÖVP und SPÖ, die bislang anstelle des Parks verschiedene Verbauungsvarianten favorisiert hatten, beeilten sich nun, einen Namen für die künftige Anlage zu bestimmen.


Da im sechsten Wiener Gemeindebezirk der schöne Brauch gepflogen wird, Parks nach Künstlern zu benennen, die hierorts gewohnt oder gewirkt haben, beantragten Schwarz und Rot eine Namensgebung nach dem Schauspieler Alexander Girardi oder nach der Tänzerin Fanny Elßler. Dies wurde jedoch von Seiten der Gemeinde wegen bereits existierender Benennungen abgelehnt.


Die einzige Stimme gegen diese aufdringlichen Patendienste war die meinige: Ich war damals als erster grüner Bezirksrat der „Alternativen Liste Wien“ in die Mariahilfer Bezirksvertretung gewählt worden und vertrat dort die Meinung, dass die Namensfindung für den Park klarerweise jenen BürgerInnen zustünde, welche diesen durch ihre langjährigen Bemühungen erkämpft hatten.


Gesagt, getan: Ich forschte nach möglichen Namensgebern und stieß schließlich auf Fritz Grünbaum. Dieser hatte in unmittelbarer Nachbarschaft des Parks in zwei Lokalitäten an der Linken Wienzeile gewirkt: In der „Literatur am Naschmarkt“ (dem späteren „Ateliertheater“) und in der „Hölle“, einem Kleinkunstlokal im Keller des „Theater an der Wien“.



Grünbaum war kurze Zeit sogar Direktor der „Hölle“. Aus dieser Zeit stammt jene berühmte Szene, in der sich Lokal-Chef Grünbaum selbst als Conferéncier engagiert. Nachdem er seine eigene Gage in beinharten Verhandlungen auf tiefstes Niveau gedrückt hat, ruft er sich selbst wutentbrannt zu: „Aber eines sag ich mir: Glück wird mir das keines bringen!“ Und sowohl im Sketch als auch im wirklichen Leben hat er damit recht behalten: Bald darauf ging er mit der „Hölle“ pleite...


Bei einer Bürgerversammlung im Café Drechsler schlug ich also vor, den Park nach Fritz Grünbaum zu benennen. Meine Anregung stieß allgemein auf begeisterte Zustimmung und der davon zumindest kurzfristig beeindruckte ÖVP-Bezirksvorsteher Kurt Pint meinte daraufhin leutselig zu mir: „Na schön, bringen S’ das halt in der nächsten Sitzung ein!“


Und das tat ich dann auch, nicht aber ohne in der Antragsbegründung darauf hinzuweisen, dass Grünbaum auch Libretti für das damalige Mariahilfer Revuetheater „Apollo“ verfasst hatte, das heute als „Apollo-Kino“ weit über die Bezirksgrenzen bekannt ist. Damit, so dachte ich, würde ich den Bezirksbezug des Künstlers noch stärker unterstreichen und die Chancen meines Antrages vergrößern. Jedoch – es sollte ganz anders kommen.


Bei jener denkwürdigen Bezirksvertretungs-Sitzung brachten nämlich VP und SP gemeinsam den Antrag ein, den Park nicht nach dem Kabarettisten Fritz Grünbaum, sondern nach dem beliebten „Volksschauspieler“ Rudolf Carl zu benennen – er hatte in der unweit des Parks gelegenen Köstlergasse gewohnt. Grünbaum blieb der Erfolg trotz eines engagierten Plädoyers meinerseits versagt: Er verlor das Match gegen den echten Österreicher Carl haushoch mit 1:29.


Rudolf Carl war mir bislang nur aus einem Dialektgedicht von H. C. Artmann bekannt gewesen: In der Bestandsaufnahme „wos an weana olas en s gmiad ged“ wird unter anderem auch „da rudoef koal en da gatehosn“ aufgezählt. Bei meinen nun folgenden Recherchen wurde mir dann allerdings recht schnell klar, wie zutiefst wienerisch jener Herr Carl tatsächlich gewesen sein musste: Als selbstdeklarierter illegaler Nazi wurde er nach 1945 zwar kurzfristig mit Auftrittsverbot belegt, konnte aber schon bald wieder an seine früheren Erfolge anschließen und starb schließlich allseits geachtet eines natürlichen Todes.


Fritz Grünbaum hingegen hatte sich als Jude und scharfer Kritiker des NS-Regimes bei den Nazis doppelt unbeliebt gemacht. Folglich wurde er nach der Okkupation am 24. 5. 1938 ins KZ Dachau gebracht. Noch im Zug wurde seine „freche Zunge“ von den Stiefeln eines SS-Mannes dermaßen malträtiert, dass er das angeschwollene Organ fast nicht mehr in den Mund zurückziehen konnte. Und im KZ ist er dann auch elendiglich gestorben.


Fritz Grünbaum im KZ Dachau

Wir schrieben mittlerweile das Jahr 1988 und die Besetzung Österreichs jährte sich zum fünfzigsten Male. Also war das Jahr hochoffiziell zum „Gedenkjahr“ erklärt worden. Dazu versuchte nun auch ich einen kleinen Beitrag zu leisten, indem ich die Medien über die unerquickliche Groteske um die Parkbenennung informierte und eine Unterschriftenaktion für einen „Grünbaum-Park“ startete.


Die Aktion war ein voller Erfolg: Innerhalb weniger Wochen unterschrieben nicht nur hunderte MariahilferInnen, sondern auch dutzende prominente Kulturschaffende und viele Opfer des Nationalsozialismus, unter ihnen auch Bruno Kreisky, der mit Fritz Grünbaum im Gestapo-Notgefängnis Karajangasse den Strohsack geteilt hatte.


Die Wiener SP beeilte sich nun, den peinlichen Fauxpas mit dem Herrn Carl zu bereinigen: Im Gemeinderat wurde mehrheitlich der Beschluss gefasst, den Park (dessen künftiges Weiterbestehen mittlerweile sogar feststand) nach Fritz Grünbaum zu benennen. Und damit war die Angelegenheit nun doch noch zu einem guten Ende gekommen. Dachte ich.


Anders dachte allerdings der Mariahilfer Bezirksvorsteher Kurt Pint: Erbost über seine Niederlage mit dem völkischen Schauspieler gelang es ihm, die schon beschlossene Benennung des Parks eisern so lange zu verhindern, bis dieser nach erfolgter Neugestaltung schließlich – ein in Wien einmaliger Präzedenzfall – ohne Namen eröffnet werden musste.


Dieser namenlose Zustand war auf Dauer natürlich nicht haltbar. Inzwischen aber war Helmut Zilk Wiener Bürgermeister geworden und beschloss, sich der Sache anzunehmen. Da fügte es sich gut, dass zu jener Zeit Henry A. Grunwald amerikanischer Botschafter in Wien war, Sohn des von den Nazis vertriebenen jüdischen Operetten-Librettisten Alfred Grünwald.


„Ein Grün-Wald zählt doch viel mehr als nur ein einzelner Grün-Baum – da können ja gerade die Grünen nichts dagegen sagen!“ dachte sich wohl der findige Zilk, ignorierte die erbitterten Proteste der Grünbaum-Anhänger, ließ die Wienzeile festlich beflaggen und taufte die Grünanlage im Beisein des amerikanischen Botschafters feierlich „Alfred Grünwald – Park“.


Aber komplett absägen konnte man den armen Grünbaum nun auch wieder nicht – schließlich war sogar in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein bissiger Artikel über die bizarre Angelegenheit erschienen. Also entsann man sich der Erwähnung des Revuetheaters Apollo als Wirkungsstätte des Künstlers in meinem ehedem so schmählich niedergestimmten Antrag. Und die Mariahilfer Bezirksvertretung beschloss einmütig, den Platz vor dem Apollo-Kino „Fritz Grünbaum - Platz“ zu nennen.


Dieser „Platz“ bestand damals allerdings nur aus einer Verkehrsinsel inmitten einer Kreuzung, auf der sich eine armselige Betonschale mit unansehnlichen Gewächsen sowie ein Lichtmast befanden. An diesem Lichtmasten wurden nun im Winkel von neunzig Grad zwei Straßenschilder mit dem neuen Namen angebracht, wodurch alle vier Himmelsrichtungen abgedeckt waren und somit der ganzen weiten Welt die große Ehrung, die dem Künstler widerfahren war, unübersehbar kundgetan wurde.


Die Mickrigkeit dieser Installation fiel auch der Bezirks-SPÖ unangenehm auf – außerdem war auch weit und breit kein einziges Gebäude zu sehen, dem man ein Taferl mit Platznamen und Hausnummer hätte verpassen können. Also begab man sich auf die Suche – und wurde, wie schon das alte Sprichwort ermutigt, schließlich auch fündig.


In dem an der Grünbaum-Kreuzung gelegenen Esterhazy-Park steht ein unvergängliches Mahnmal aus der Zeit des „Tausendjährigen Reiches“, ein Monstrum aus meterdickem Stahlbeton: Und dieser Flakturm trägt nun auf Beschluss des Bezirksparlaments die Nummer „Fritz Grünbaum Platz 1“.

 

Nachtrag 1:


Ein bekannter Monolog Fritz Grünbaums trägt den Titel „Entwürfe für ein Grünbaum-Monument“. In Versform stellt er sorgenvolle Überlegungen darüber an, welcher Art wohl das Denkmal sein werde, das ihm dereinst die Nachwelt setzen würde. Er denkt zuerst an ein Reiterstandbild, dann an verschiedene Arten von Statuen (nackt und bekleidet), kommt aber letztendlich zu dem Schluss, dass es nach dem Versinken seines Namens in die ewige Vergessenheit ohnedies nur mehr Tiere sein werden, die an seinem wie auch immer gearteten Monument Gefallen finden würden:


„ ... Die Hund’ auf der Erd’ und die Vögel in der Luft!

Und hoch über mir zieh’n die Schwalben die Kreise,

Und am Sockel lehnen die Hunde leise,

Und all das Getier wird beim Sterneblitzen

Mein Denkmal bei Nacht zum Benetzen benütze

So tut das Getier seine Liebe mir kund:

Von oben die Vögel, am Sockel die Hund!“


Natürlich hat Fritz Grünbaum lediglich an kreuchendes und fleuchendes Getier gedacht. Er konnte ja auch nicht ahnen, dass sein Monument so gewaltig sein würde, dass es sich nicht nur hoch über die Dächer Wiens erheben, sondern in seinem Inneren auch ein „Haus des Meeres“ bergen würde: Die Heimat einer reichen Auswahl von Fischen – und Schlangen.

 

Nachtrag 2:


Fritz Grünbaum trat schon 1915 zusammen mit dem „Klavierhumoristen“ Hermann Leopoldi auf – beide gastierten auch im Semmeringer Grandhotel Panhans. Am 11. 3. 1938 versuchten die beiden gemeinsam mit Karl Farkas und Grünbaums Frau Lilly in einem mit Flüchtlingen überfüllten Zug nach Tschechien zu fliehen. Der Zug wurde jedoch an der tschechischen Grenze angehalten und zurückgeschickt – Edvard Beneš hatte die Grenze für Flüchtlinge sperren lassen.


Leopoldi war dann mit Grünbaum im Gestapo-Notgefängnis in der Karajangasse und in den KZs Dachau und Buchenwald inhaftiert – zu seinem Gück konnten ihn seine Frau und deren Eltern, die bereits in den USA waren, freikaufen. Weniger Glück hatte sein Bruder und Duo-Partner Ferdinand: Dieser überlebte bis 1943 in Wien als „U-Boot“, wurde dann verhaftet und starb im Dezember 1944 nach einem brutalen Verhör im Gestapo-Hauptquartier Hotel Metropol am Morzinplatz.


Ein weiteres Opfer des Nazi-Terrors war der bekannte Kabarettist und Filmschauspieler Paul Morgan, der als Georg Paul Morgenstern in Wien geboren wurde. Er war gemeinsam mit Grünbaum und Leopoldi zuerst ins KZ Dachau und dann ins KZ Buchenwald verschleppt worden. Er hätte entlassen werden sollen, da für ihn Ausreisegenehmigungen besorgt worden waren, wurde jedoch zuvor beim „Strafexerzieren“ zu Tode geschunden.


Als besondere „Vergünstigung“ gestatte der KZ-Kommandant, dass Fritz Grünbaum und Hermann Leopoldi die Leiche ihres Freundes auf einer Bahre vom Krankenrevier zum Tor des KZs tragen durften. Die Mitgefangenen summten Morgans Lieblingslied „Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht?“ Und der im Lagertor eingelassene eiserne Schriftzug lautete: „JEDEM DAS SEINE“.


 

Nachtrag 3


Beim Sammeln von Unterschriften für einen „Grünbaum-Park“ lernte ich Fritz Kleinmann kennen, der als Sechzehnjähriger mit seinem Vater Gustav im KZ Buchenwald inhaftiert gewesen war (später folgte er dann seinem Vater freiwillig nach Ausschwitz, entkam bei einem Todesmarsch und wog bei seiner Befreiung 35 Kilo). Er erzählte mir mit Tränen in den Augen, dass Fritz Grünbaum wegen seiner Kabarettauftritte im Lager ungemein beliebt war – an seinem 60. Geburtstag hätten sie sich für ihn vom Mund Lebensmittel abgespart, damit er sich noch einmal satt essen konnte.


Grünbaum starb am 14. 1. 1941 im KZ Dachau – am Silvesterabend 1940 war er ein letztes Mal vor seinen Leidensgenossen aufgetreten. In seinem Totenschein ist als Todesursache angegeben: „An Herzlähmung abgegangen“. Tatsächlich starb er völlig entkräftet an Tuberkulose, seelisch zermürbt durch ständige Demütigungen und Misshandlungen. Trotzdem hatte er seinen Mithäftlingen bis zum Schluss über die schwere Zeit hinwegzuhelfen versucht: So conferierte er darüber, wie er das „Tausendjährige Reich“ zu besiegen gedenke oder dass systematisches Hungern doch das beste Mittel gegen Diabetes sei. Und als ihm ein KZ-Aufseher ein Stück Seife verweigerte, kommentierte Grünbaum dies mit den Worten: „Wer für Seife kein Geld hat, der soll sich kein KZ halten.“


Der jüdische Psychoanalytiker und Widerstandskämpfer Ernst Federn schrieb nach dem Tod Grünbaums an dessen Frau Lilly: „Welch ein großer Künstler Ihr Fritz war, das wissen nur mehr wenige. Denn nur wenige haben das KZ überlebt, die ihn noch im Lager auftreten gesehn haben. Das ist große Kunst, die in einer überfüllten Stube, als Bühne einen Tisch, ohne alle Utensilien von schrecklichen Strapazen ermüdete Menschen in ein Meer von Heiterkeit zu tauchen versteht. Er wusste genau, welch ungeheure Hilfe er mit seiner Kunst seinen Leidensgefährten brachte und nie hat er nein gesagt, wenn man ihn um seine Mitwirkung bat, es konnte ihm noch so beschwerlich fallen.“


Lilly Grünbaum, eine Nichte von Theodor Herzl, konnte sich in Wien bei ihrer Freundin Elsa Klauber verstecken. Am 5. 10. 1942 wurde sie gemeinsam mit ihr ins Vernichtungslager Maly Trostinec deportiert und dort vier Tage später ermordet. Auch Elsa Klauber starb dort am 9. 10. 1942 – einen Tag vor ihrem 46. Geburtstag.


Erst viele Jahre nach meiner Kampagne für einen „Grünbaum-Park“ erfuhr ich bei einer Grünbaum-Ausstellung im Österreichischen Theatermuseum („Grüß mich Gott!“), wo Fritz Grünbaum bis zu seiner Verschleppung ins Konzentrationslager gewohnt hatte: In der Rechten Wienzeile schräg gegenüber meinem Wohnhaus – und gegenüber dem nunmehrigen „Grünwald-Park“. Ich bekam dabei unwillkürlich eine Gänsehaut wie ein Reibeisen.


In dieser Wohnung befand sich auch die umfangreiche Kunstsammlung des Künstlers. Diese umfasste über vierhundert Werke, darunter über achtzig Bilder von Egon Schiele. Deren Restitution ist bis zum heutigen Tag noch immer nicht zur Gänze erfolgt. 2015 kündigten die Nachkommen von Fritz Grünbaum eine Klage an und bedauerten, dass die Republik Österreich sich weigere, „ihrer Verpflichtung aus dem Staatsvertrag nachzukommen und Raubkunst zurückzugeben“.


Am 24. 5. 2022 entschied der Oberste US-Gerichtshof nach einer Verfahrensdauer von sechseinhalb Jahren, dass zwei Schiele-Bilder aus dem Besitz eines New Yorker Kunsthändlers an die Erben Grünbaums zu restituieren seien. Grünbaums Familienangehöriger und Miterbe Timothy Reif erklärte dazu:


„Diese Entscheidung bestätigt die dringende Notwendigkeit, an das schreckliche Unrecht, das vor 81 Jahren geschah, zu erinnern und einen kleinen Teil davon wieder in Ordnung zu bringen. Der Erlös geht an den „Trust for the Life and Work of Fritz Grünbaum“, um junge Menschen in den darstellenden Künsten zu unterstützen, wie es Fritz Grünbaum zu Lebzeiten getan hat.“


Im Besitz der österreichischen Museen Albertina und Sammlung Leopold befinden sich freilich weiterhin mindestens zehn weitere Schiele-Bilder aus der Sammlung Fritz Grünbaums. Der österreichische Staat weigert sich bis heute, den Anträgen seiner Erben auf Restitution der Bilder stattzugeben.


Der österreichische Vertreter der Grünbaum-Erben ließ meinen Text über das „Grünbaum-Monument“ ins Englische übersetzen und schickte ihn den Erben in die USA. Ihre Antwort lautete „This is inspiring and heartbreaking” (Das ist inspirierend und herzzerreißend.) Der Text steht nun in seiner englischen Version auf ihrer Homepage „Collection Grünbaum - Art stolen from Fritz Grünbaum“:


Zum 125. Geburtstag von Fritz Grünbaum organisierte ich eine kleine Feier auf dem Grünbaum-Platz. Die Gedenkrede hielt dankenswerter Weise die Kuratorin der Grünbaum-Ausstellung im Theatermuseum, die Historikerin und nunmehrige Museumsdirektorin Dr. Marie-Theres Arnbom. Und ich las anschließend die von mir verfasste Realsatire über die Geschichte der Platz-Benennung vor – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass ich diese nur aufgeschrieben, mir aber nicht ausgedacht hatte. Denn, wie der gelernte Wiener in solchen Fällen zu sagen pflegt: „Sowas kannst ned erfinden!“


Hetzartikel gegen Hermann Leopoldi, Karl Farkas und Fritz Grünbaum


Franz Hutter, der Autor dieses gehässigen Artikels, war eigentlich Sport-„Schriftleiter“ der Wiener Ausgabe des „Völkischen Beobachters“. Das NSDAP-Mitglied seit 1932 schrieb davor für die „Deutschösterreichische Tageszeitung“ und den „Kampfruf“. 1933 setzte sich das SA-Mitglied nach Deutschland ab und kehrte als Mitglied der „Österreichischen Legion“ in die Heimat zurück.


Nach 1945 wurde der „Alte Kämpfer“ vom Volksgericht wegen „Kriegshetzerei“, „Verletzung der Menschenwürde“ und „Hochverrat“ angeklagt. Hutter leugnete standhaft seine verschiedenen Mitgliedschaften und auch die Urheberschaft an diversen Hetzartikeln und wurde schließlich am 28. 10. 1948 freigesprochen.


Ich beschließe diesen Beitrag mit einem bekannten Zitat von Fritz Grünbaum: „Für mich ist Denkmal ein lebenslanger Imperativ, der aus zwei Wörtern besteht.“

 

Richard Weihs ist Autor, Musiker, Kabarettist und Lebenskünstler. Mehr über ihn


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