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KLEINE FREIHEITEN Gedichte und Geschichten von Richard Weihs Arovell Verlag

Männer wollen nicht die große Freiheit.

Sie wollen viele kleine Freiheiten.

(Spanisches Sprichwort)

 

 

Dieses Buch enthält eine Sammlung von Texten höchst unterschiedlichsten Charakters, die in völlig verschiedenen Schaffensperioden zu gänzlich divergenten Anlässen geschrieben wurden. Irgendwie passen sie aber trotzdem zusammen – sie stammen ja auch alle von mir.

 

Hier sind sie nun versammelt: Zwei meiner ersten Geschichten, die Peter Henisch 1974 in den „Neuen Wegen“ veröffentlicht hat; zwei Geschichten, die ich auf Anregung von Sylvia Treudl für mittlerweile vergriffene Anthologien der Edition Aramo verfasst habe; Texte von Liedern, die einstens auf inzwischen längst verschollene Langspielplatten gepresst wurden; einige Gedichte aus dem ebenfalls vergriffenen Büchlein „Der Fersenfresser“, herausgegeben von Martin Auer.

Dieser ist indirekt auch für viele der in diesem Band enthaltenen Gedichte verantwortlich. Schließlich war er es, der für die seit nunmehr vierzehn Jahren existierende Lesereihe „Wilde Worte“ die Idee hatte, Gedichte auf Wunsch des Publikums zu verfassen. Im Lauf der Jahre habe ich so hunderte „Wunschgedichte“ geschrieben – hier finden sie einige davon. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Ich bin so frei.

 

Preis € 15.-  zuzüglich Versandspesen

 

Covergestaltung: Paul Jaeg

KLEINE FREIHEITEN Gedichte und Geschichten von Richard Weihs Arovell Verlag

Artikelnummer: 0002
€ 15,00Preis
  • Mit seinen „Wilden Worten“ ist Richard Weihs seit Jahren kultureller Fixstern im Wiener Literatur-, Musik- und Kleinkunstgetriebe. In all den Jahren des kultivierten Querulierens hat er sich die Schneid nicht abkaufen lassen und parallel dazu sich mit ventilierender Treffsicherheit und durch Lachmuskel streichelnde Satiren ein gewisses Maß an Frustfreiheit erettet. Ergo ist er jetzt so frei und bringt ein Potpourri an Gedichten und Geschichten heraus, das sich so angesammelt hat, wie er im Vorwort seines bislang fünften Buches „Kleine Freiheiten“ beschreibt. Ja, und da schwingt auch ein wenig Stolz mit auf dem Weg durch ein fein ziseliertes Dickicht der „Weana Heazschlog“-Poesie, für die wir Weihs ja besonders lieben.

    Dagmar Haier, AUGUSTIN

     

  • KLEINE FREIHEITEN
    Gedichte und Geschichten

    Steinzeitung
    Mit allergrößtem Interesse
    lese ich die Litho-Presse
    Dort steht gedruckt mit edler Feinheit
    das Allerneueste aus der Steinzeit

    Auch gibt es Bilder zu begaffen
    der allerbesten Lithographen
    Es macht das Blatt im Steindruck
    auf mich den besten Eindruck!

    So wie ich den Drucker einschätz‘,
    war er früher einmal Steinmetz:
    Denn mit höchstem Einsatz
    verfertigt er den Steinsatz
    und meißelt tiefste Einsicht
    in eine harte Steinschicht

    Macht jemand einen Einwurf
    so tut er dies per Steinwurf
    Drum will ich diese Presse preisen:
    Dies Druckwerk ist der Stein der Weisen!

    Die schwarze Warze
    Eines Morgens vor dem Spiegel
    krieg ich einen Riesenschreck:
    Am Ohr wächst mir ein böser Nigl
    und den krieg’ ich nicht mehr weg!

    Ob ich quetsche, ob ich quarze,
    ob ich mit der Grille parze –
    ständig wächst die schwarze Warze

    Auf der Straße, im Kaffeehaus
    schau’n die Leut’ mich seltsam an:
    Gar kein Wunder, denn ich seh’ aus,
    als wüchse mir ein halber Walkman!

    Ob ich knurre, ob ich knarrze,
    ob ich mir die Zisse narze -
    ständig wächst die schwarze Warze

    Ich konsultierte viele Ärzte,
    alle war’n sie sehr verdutzt
    Obwohl mich manche Kur sehr schmerzte,
    keine hat etwas genutzt

    Ob ich hackte, ob ich harzte,
    ob ich mich jetzt selbst verarzte –
    es wächst und wächst die schwarze Warze

    Ich seh‘ noch einen letzten Ausweg
    und heure einen Killer an
    Gerade geh’ ich von zuhaus’ weg,
    da legt der Dillo auf mich an

    Doch wie mir plötzlich klar war,
    was ich für ein Narr war,
    schrei ich: „Halt! Das ist doch eine Farce!“
    Doch da trifft er schon ins Schwarze

    Attnang-Puchheim
    Es muß ein alter Fluch sein:
    Mich zieht's nach Attnang-Puchheim!
    Ich brauch's wie Hals- und Beinbruch,
    dass ich Puchheim heimsuch
    Doch kaum, dass ich den Reim such,
    kleb ich schon fest wie Buchleim
    im zähen Schleim von Attnang-Puchheim

    Es muss ein böser Spuk sein:
    Hier fährt ein jeder Zug ein!
    Man mag mich Lug und Trug zeih'n,
    doch Zug um Zug führt mich nach Puchheim
    Man kann nicht klug genug sein:
    Mir hilft nicht mal der Flugschein -
    ich lande doch in Attnang-Puchheim!

    Es ist wohl ein Art Zwang,
    dieser Drang nach Attnang
    Mir ist vor dieser Stadt bang,
    schon lang kenn ich sie sattsam
    Doch wie ich es auch anfang,
    ich finde keinen Abgang:
    Ganz krank am glatten Abhang
    wank ich matt nach Attnang

    Es wird wohl eine Sucht sein:
    Sie fährt mit voller Wucht ein
    und kein Entzug heilt mich von Puchheim
    Will hier nicht zu Besuch sein,
    werd' ewig auf der Flucht sein!
    Dazu fällt mir der Spruch ein:
    Noch lieber nackt Eunuch sein,
    als gut betucht in Attnang-Puchheim!

    Die Nabelschau des Kabeljau
    In einem kleinen Stausee
    lebte einst ein Kabeljau
    der hatte eine Flause:
    Er hielte gerne Nabelschau!

    So begann er sich zu drehen
    um den Nabel zu erspähen
    Doch wie er sich auch zappelnd wand
    er nirgendwo den Nabel fand

    So hört er auf zu suchen
    und fängt an wild zu fluchen:
    „Was für ein fieser Nabelklau
    bestiehlt denn einen Kabeljau?“

    „Warum hab ich denn keinen Nabel
    wie jedermann seit Kain und Abel?“
    (Die Bibel hat den Kabeljau
    verwirrt wie einst der Babel-Bau).

    Vergrämt und tief verdrossen
    verschränkt er seine Flossen,
    lässt das Schwimmen bleiben
    und sich einfach treiben

    Ein Storch kommt durch die Wiesen
    und kann ihn ganz gerissen
    wie einen Gabelbissen
    auf seinen Schnabel spießen

    Es spricht der Storch am Stausee:
    „Mir taugt es, wie ich ausseh!
    Ich hab zwar keine Nabelschnur,
    sondern einen Schnabel nur“

    „Doch wenn ich in den Schnabel schau
    seh ich dort drin den Kabeljau
    und mit dem Schnabel schmause
    ich meine Kabeljause!“

    Und bist du kein Banause,
    wirst du aus dieser Fabel schlau:
    Denk nur an den Kabeljau
    und halte niemals Nabelschau!

    Zoo bizarr
    Im Zoo ist's heut so seltsam bibbrig
    Die Stimmung ist ganz eigentlich
    Die Tiere sind verdächtig fiebrig
    Sogar die Wärter fürchten sich

    Der Großmolz rüttelt an den Gittern
    Das Schmär gebärdet sich wie toll
    Die Wiriseln daneben zittern
    und kacken ihren Käfig voll

    Der Firlefant stampft wie besessen
    Das Granthorn greint grad wie ein Gnorm
    Der Balluch hat das Gnulp gefressen
    und gurzt und knorbelt ganz enorm

    Der Flagellon flitzt durch's Gehege
    In's Schlupfloch saust die Fuselmaus
    Das Schurkhuhn plündert sein Gelege
    und schlürft die eig'nen Eier aus

    Die Klönchen klettern in den Ästen
    und werfen Klitten auf den Kir
    Die Quirrlinge in ihren Kästen
    verschnarr'n und zirbeln völlig irr

    Der Riesenmurks in der Voliére
    kreischt aufgebracht: „Versperrt! Versperrt!“
    Mit rauhem Ruf die Knebelplärre
    stimmt ein in's schaurige Konzert

    Da bläht der Krönling sein Gekröse,
    wie Donnerhall erschallt sein Schrei
    und jäh verstummt da das Getöse -
    auf einmal ist der Spuk vorbei

    Ganz Ohr
    Vortrag von Orlando Orsini-Ohrenberg, ordentlicher Ordinarius für Ohrologie an der Universität von Oronto, gehalten anlässlich der Eröffnung des Ersten Internationalen Ohrologen-Kongresses

    Sehr geohrte Ohrontologen und Ohrnitologen, werte Ohrtographen und Ohrtopäden!

    Mein heutiger Vortrag gilt klarerweise jenem vortrefflichen Organ, dass seit jeher im Vordergrund unserer Forschungen steht: Dem Ohr! So Sie mir nun das selbige leihen, will ich Ihnen einige jener ganz vortrefflichen Vorzüge zu Gehör bringen, welche dieses einzigartige Organ in sich birgt. Spitzen Sie also die Ihren und seien Sie ganz Ohr!

    Wie Ihnen natürlich allen bekannt ist, beschäftigt sich die orthodoxe Ohrologie vor allem mit dem Gehörsinn. Nun, dieser steht ja auch zweifellos im Mittelpunkt des Mittelohres – dies zeigt sich schon bei der Musik: Nicht umsonst trägt die Königin der Instrumente den schönen Namen „Ohrgel“! Ein großes Musikensemble nennt man „Ohrchester“, man spricht von „Chohr“ und „Ohratorium“. Ja, und was ist denn die Hauptwaffe gegen die ohrganisierte Kriminalität? – Jawohl: Der große Lauschangriff!

    Durch diese einseitige Konzentration auf den Gehörsinn sind aber andere sinnliche Qualitäten des Ohres sträflich vernachlässigt worden. Beispielsweise der ohrale Geschmacksinn: Der Franzose spricht ja von „Hors d'œuvre“, zu Deutsch „Ohrspeise“, auch bekannt als „Ohrenschmaus“.

    Oder denken wir nur an die Bedeutung des Ohres für die Sexualität: Sicher nicht zufällig trägt der Höhepunkt des Sexualaktes den schönen Namen „Ohrgasmus“! Bitte, schwer verliebt ist man ja auch bis über beide Ohren! Und bei sexuellen Ausschweifungen spricht man von einer „Ohrgie“ – und zwar wohl deswegen, weil man dabei ständig auf ein offenes Ohr stößt…

    Überhaupt war das Ohr in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit von enohrmer Bedeutung: Schließlich ist ja einer unserer nächsten Artverwandten der „Ohran-Gutan“! Und ganz ohne Zweifel steht ihm das Ohr an gut an – jedenfalls besser als das Ohr ab. Und stets war das Ohr auch Motor der kulturellen Entwicklung: Sei es durch die geheimen Einflüsterungen des griechischen Ohrakels, durch die zauberhaften Gesänge des Ohrpheus oder aber auch durch die berückende Ohriginalität ohrientalischer Ohrnamente!

    Noch immer aber gibt es zahlreiche offene Fragen in Bezug auf die ohrtümliche Ohrogenese, wie zum Beispiel: Handelt es sich beim Mann im Ohr um einen Ohrmannen? Oder: Kann eine Zyste im Ohr von einem Exohrzysten entfernt werden? Und vor allem: Auf welche geheimnisvolle Weise bilden sich Perlen am weiblichen Ohrläppchen? Wachsen diese etwa gar in der Ohrmuschel?

    Diese und viele andere bohrende Fragen gilt es zu beantworten, um dem Ohr endlich den ihm gebührenden Platz an der Spitze aller Sinnesorgane einzuräumen. Lassen wir uns nicht länger von ordinären Nasenbohrern und horriblen Augenauswischern übers Ohr hauen! Das Ohr geht vor!!!

    So wollen wir nun weiterarbeiten zum höheren Lob des Ohres – „Ohra et labora!“, wie der Lateiner zu sagen pflegt. Ihnen allen aber rufe ich zum Abschluss den friedliebenden Gruß der Ohrologen zu: Friede Euren Ohren! – Ohropax vobiscum!

     

    Der österreichische Volkskörper
    Der Volkskörper ist keineswegs nur ein abstrakter Begriff, sondern er ist als durchaus gegenständliche Ausformung im öffentlichen Bewusstsein präsent. Das verdanken wir einem österreichischen Volkskünstler, der diesen Volkskörper immer wieder sehr drastisch plastisch darstellt: Nämlich Manfred Deix. „Pfui Deixl!“ ist ja auch ein sehr passender Ausruf, wenn man so eine Deix-Figur zu Gesicht bekommt.

    Schauen wir uns also diesen Volkskörper einmal genau an. Was sticht uns da gleich einmal ins Auge? Eh klar: Er ist ungemein fettleibig, ausg’fress’n, wie man bei uns so sagt. Und woher kommt das? Natürlich daher, dass er ständig ang’fress’n ist! Und das wiederum rührt daher, dass die österreichische Volksseele ständig kocht – noch dazu mit viel zu viel Schmalz. Fettstrotzende Volksgerichte! Und der arme Volkskörper muss dann ständig auslöffeln, was ihm die Volksseele da so einbrockt.

    Wenn wir schon beim Fressen sind, dann schauen wir gleich einmal dem Volk aufs Maul und betrachten den österreichischen Volksmund. Da sehen wir etwas, was wir jetzt Gottseidank nicht riechen können: Der Deix malt da gern so Wellenlinien, manchmal auch ein paar Fliegen dazu, und das bedeutet: Der Volksmund fäut! Ein schwerer Fall von Volksmundgeruch! Das ist aber kein Wunder, wenn man bedenkt, was der alles schlecht gekaut hinunterschlucken muss. Ja, wie man ins Volk hineinruft, so rülpst es zurück! Und wenn es ihm bis daher steht, dann steckt es sich ein Staberl in den Hals und speibt das ganze G’schlader wieder raus...

    Was der Volkskörper behält, wird dann so recht und schlecht verdaut und geht ihm gewaltig auf den Arsch. Ein Mords-Hintern ist das, ein ganz gewaltiges Sitzfleisch: Und das ist der Sitz des gesunden Volksempfindens! Am meisten empfindet es, wenn es ordentlich einen sitzen hat, dann setzt es sich gnadenlos durch und furzt: „Schwere verschärfte Seßhaft! Einsperr’n! Alle soll’n’s sitzen! Mehr Schmalz!“ Erhebende Gefühle, aber jedenfalls keine Gefahr für einen Volksaufstand.

    Wenn sich da das gesunde Volksempfinden ungebremst seine Bahn bricht, dann wird es vom Geräusch volkstümlicher Blasmusik begleitet und geht natürlich in die Hose. Dabei wird es von der Unterhose gebremst und verursacht dort die berühmte Deix’sche Bremsspur. Da pustet sich der Volkskörper faktisch die Seele aus dem Leib – eine gewaltige musikalisch-fäkalische Eruption! Deshalb würde ich auch eine Deixische Modifikation der österreichischen Fahne vorschlagen, nach dem Motto „Brems dich ein!“: Rot-Weiß-Rot - und im weißen Feld eine braune Bremsspur. Würde sich sicher auch gut als Designer-Unterhose machen...

    Apropos Unterhoserl: Da hängt ja etwas heraus, natürlich, das Zumpferl! Klar, der Volkskörper ist selbstverständlich männlich dominiert und deshalb ist der Zumpf der Sitz eines jeden zünftigen Volksbegehrens. Als öffentliches Organ ist er aber nicht nur für die Volksbelustigung zuständig, sondern auch für die Volksvermehrung. Und der weibliche Volkskörper dient dabei als Volksempfänger!

    Na, gut schauma aus! So wie der österreichische Volkskörper beinander ist, müsste eigentlich unser Herr Bundespräsident seine sämtlichen öffentlichen Ansprachen mit der feierlichen Anrede eröffnen: „Meine sehr verehrten Schwerversehrten!“

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